Dienstag, 17. Februar 2009

Ich schwärme für den Schätzing oder schätze ich den Schwarm?

Aus meinem aktuellen Lieblingsbuch meiner Lieblingsbücher. Sehr empfehlenswert auch für eigentliche Nichtleser. Hiermit kann Mensch Spaß am Lesen lernen.

Frank Schätzing; "Der Schwarm"; Fischer Taschenbuch 16453; FfM; Nov. 2005; S.957-958

Um die Welt zu begreifen, musst du eine andere Zeit entdecken. Du müsstest dich erinnern, aber das kannst du nicht. Der Mensch ist seit zwei Millionen Jahren kurzsichtig. Homo sapiens hat die größte Zeit­spanne im Verlauf seiner Evolution mit Jagen und Sammeln verbracht.
Das hat sein Gehirn geformt, wie es heute ist. Die Zukunft unserer Vorfahren war immer nur das unmittelbar Folgende, alles darüber Hinausgehende so verschwommen wie lange Zurückliegendes. Wir lebten im Augenblick, primär interessiert an Fortpflanzung. Schlimme Katastrophen gerieten in Vergessenheit oder hielten Einzug in die Mythologie. Die Verdrängung war ein Geschenk der Evolution, aber heute ist sie zu unserem Fluch geworden. Immer noch überschaut unser Geist keinen Zeithorizont, der mehr als ein paar Jahre in die Vergangenheit und in die Zukunft reicht. Wenige Generationen, und wir verdrängen, ignorieren, vergessen. Außerstande, uns Vergangenes zu merken und daraus zu lernen, sind wir unfähig, die Zukunft zu betrachten. Menschen sind nicht geschaffen, das Ganze zu sehen und ihren Platz darin. Wir teilen nicht die Erinnerung der Welt.
Blödsinn! Die Welt erinnert sich nicht. Menschen erinnern sich, aber nicht die Welt. Das mit der Welterinnerung ist esoterischer Quatsch. Meinst du? Die Yrr erinnern sich an alles. Sie sind die Erinnerung. Weaver fühlt sich schwummrig.


Frank Schätzing hat mit diesem seinem Roman (fast) ein neues Genre der Belletristik geschaffen: Realistische science fiction. Allerdings die meisten scifi-Romane waren und sind immer schon Extrapolationen unserer Realität. Unser Menschheitsproblem besteht, und das macht Schätzing hier deutlich, ja leider darin, dass wir ohne uns uns angepasst zu haben, ohne uns wirklich als lernfähig zu erweisen, von unseren schlimmsten literarischen Befürchtungen eingeholt werden. Und das auch ohne Krieg der Sterne!

Ich schätze den Schätzing! Nicht nur diesen seinen Roman. Auch ihn als Person. Ich fühle mich ihm seelenverwandt. Und es war mir eine besondere Freude, zu erfahren, dass auch er Klampfen quält*gg

Auf diesen fast 1000 Seiten(!) gibt es mindestens drei ähnlich kurze Textstellen, die uns Menschen gut unsere Augen für unser Sein öffnen können. Ich hab' jetzt leider nur die letzte rausgesucht, bei den anderen war's mir immer noch lieber, weiter zu lesen, schließlich war's erst die zweite Lesung. Ich habe das Buch zwar schon mehrere Jahre, aber zu meiner Freude hatten es meine Töchter davon die meiste Zeit.

Also: es ist seit langem mal wieder ein deutscher Weltbestseller. Insofern werden ihn bestimmt viele von Euch schon kennen. Aber allen anderen kann ich nur dringend empfehlen, diese Bildungslücke schleunigst zu schließen. Spaß und Spannung ist genießerisch (einer der Protagonisten kann jedem aufzeigen, was Genießen ist und bedeutet, ein anderer, was es heißt, nirgendwo zu Haus, also nur Ausländer zu sein) und humorvoll garantiert!!

2 Kommentare:

  1. Danke für Deine prompte Reaktion!! Das Buch macht mich nun wirklich neugierig!

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  2. war ja einfach, brauchte das ja nur aus dem Dokoland-Forum hierher zu kopieren*ggg

    Gern, Dein Jo

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