Donnerstag, 5. Juni 2014

Das leidige Lied eines Lärmverschmutzers

Vor ein paar Tagen fand bei Kassel das alljährliche Treffen des Dokolandes, einer nicht kommerziellen Doppelkopfplattforms im internet, statt. Nun werde ich mich davor hüten, meine Leser mit einer verbalen Urlaubsdiashow zu langweilen, da ich davon ausgehe, dass nur wenige von Euch etwas damit anfangen könnten. Stattdessen möchte ich meine Eindrücke gerade als Krachmacher, sprich: Musiker, genauer: singender Gitarrespieler schildern.

Das Wichtigste vorweg:
So eine Veranstaltung ist Stress pur, Urlaub vom Alltagstress durch Flucht in kaum gekanntem. Die Vielzahl der Eindrücke, das Treffen von altbekannten Menschen in Verbindung mit dem neuem persönlichem Kennenlernen von anderen, erfordert hohe intellektuelle Verarbeitungsleistungen mindestens in der Nacharbeit. Ich jedenfalls bin anschließend immer wohltuend aber völlig erschöpft.
Urlaub eben im bestem Sinne:
Konsum hat hier keinen Platz! Nein, das stimmt so nicht: nur Konsum wird bestraft mit eigener Körperverletzung durch die/den Konsumenten.
Man muss sich mit dem Gebotenem auseinandersetzen. Um es und damit sich selbst zu verstehen.
Arbeit, Verarbeitung halt.

In der Nachbereitung eines früheren Treffens schrieb irgendwer, wie fasziniert er davon gewesen sei, wie sehr und wie unterschiedlich die Teilnehmer sich mit ihren Persönlichkeiten einbrächten. Das trifft genau, was auch ich oben meinte: faszinierend, wie Spock immer sagt.

Um den nächsten, möglicherweise noch wichtigeren Eindruck verständlich zu schildern, muss ich einiges vorbemerken, Stichwort: emotionale Intelligenz.

1. Musik ist reiner Gefühlsausdruck
Von daher halte ich mich als Musiker für einigermaßen geschult, was Emotionen betrifft

2. Ebenso finde ich es faszinierend, wie das Spiel Doko selbst die Menschen bewegt im Spannungsfeld von Gefühl und Verstand. Ich bin mir nicht sicher, in welchem Maße sich DokospielerInnen sich gerade über diesen ganzheitlichen Anspruch ihres Spieles bewusst sind. Für mich ist dies jedoch ein Beweis dafür, dass Doko trotz unbeeinflussbaren Glücksspielcharakter durchaus persönlichkeitsverwirklichenes Vermögen in sich birgt.

Kleiner globaler Exkurs als Ausblick in die Zukunft
Ähnlich, wie Mensch es von Brettspielen wie Schach und Go kennt. Leider jedoch noch nicht in dem Maße, eben weil zu wenig bekannt und viel zu rein deutsch, wie Bridge; ein Kartenspiel, das mit Schach und Go den Dreikampf der Spiele als Topwettkampf, vergleichbar dem Zehnkampf der Herren oder dem Siebenkampf der Damen oder auch dem iron-man, der SpielerInnen bildet.
Ich werd's wohl nicht mehr erleben, aber wünschenswert wäre es doch, wenn auch Doko eines Tages nicht nur den zahlenmäßigen Rückstand der Kartenspiele gegenüber den Brettspielen aufholt, sondern eben auch aus diesem Drei- einen Vierkampf mächte.
Denn in der Kommunikation mit BridgespielerInnen, Spiel und Gespräch, wurde mir klar, dass Doko durch seine anfänglich meist unbekannten Partnerschaften gegenüber dem Bridge Positonskämpfe kennt. Welche auch für eingefleischte BridgespielerInnen ihren eigentümlichen Reiz haben.
Einer meiner Merksätze lautet denn auch:
Positionskampf ist die Seele vom Doppelkopf.
Ende Exkurs


Mein zweiter vorherrschender und vordämlicher Eindruck von diesem Treffen ist genau dieses Aufeinanderprallen sachlicher und gefühlsmäßiger Ansprüche der TeilnehmerInnen. Bedingt durch das Spiel.

Aber nicht nur, denn SpielerInnen spielen nicht nur mit Karten, sondern auch mit Saiten und Stimmbändern. Oder Zungen, so heißen auch die klangproduzierenden Metalle bei Mundharmonikas. Bläser, als durch reine Luftsäulen erzeugten Lärm hatten wir keine. Das nur der Vollständigkeit des Dreiklanges der Tonerzeugung. Na gut, Trommeln gibt's noch: hatten wir, per Fuß (unhörbar, weil auf Gras vom Campingplatz) oder mit Hand auf Hand, Tisch oder Schenkel.

Und genau hier schieden sich die an sich als SpielerInnen homogenen Geister, die ich hiermit gern wieder zusammenführen möchte. Mir ist durchaus bekannt, dass es unterschiedliches Verständnis von Emotion und Intellekt sowie auch unterschiedliche Wertigkeiten davon gibt. Nur wäre es nicht endlich an der Zeit, dass es vor allem und allen bekannt wäre, wie sehr Gefühl und Verstand eines sind? Wie wenig getrennt werden kann zwischen beiden? Ja, und beispielsweise Ulli - die personifizierte gute Seele des Doko-days - ist der beeindruckende und bedeutendste Beweis dafür, wie sehr emotionale Intelligenz eben gerade eine, wenn nicht gar DIE Intelligenzleistung ist.

Ich appelliere an alle meine deutschgeschädigten ZeitgenossenInnen, sich diese Eigenart des Menschens, dieses immer Sowohl-Als-Auch von Gefühl und Verstand endlich deutlich zu machen. Viel Zeit bleibt uns so nicht mehr, wir sind einfach zu Viele, als dass unser Raumschiff Erde es uns noch länger gestattet, uns als massenweise "Fehler" - und dieses eigene Unverständnis des eigenen Seins, der eigenen Seele macht uns erst dazu! - zu präsentieren.

Pluralismus
Emotional Orientierte lernen von - eh nur vermeintlich!!!! - Sachlichen.
Und Verstandesmenschen hören endlich auf, ihre eigenen Gefühle zu verleugnen oder gar mit Füßen zu treten, indem sie gefühlsbetonte Menschen verachten oder gar bevormunden oder gar tottreten wollen. Stattdessen sollten auch sie ihre eigenen Defizite von ihnen lernend bearbeiten!

Mir scheint, jedenfalls wurde auch das mir in Kassel wieder mal verdeutlicht, gerade wenn Deutschland meint, sich global gut aufstellen zu müssen, um nicht noch eher als die Menschheit von diesem Planeten zu verschwinden, wird es umso eher Zeit, sich diesem deutschen Defizit des unterscheidenden und trotzdem nicht auseinderhalten könnenden, ja geradezu als Widerspruch aufgefassten Zusammenklanges von Gefühl und Verstand, von emotionaler Intelligenz wie auch intelligenter Emotion endlich zu stellen.

Was wollt ihr denn fördern und fordern, wenn ihr unbedingt meint, fordern und fördern zu müssen?

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