Donnerstag, 23. Mai 2013

Krüppeldeutsch

Vielleicht nicht der richtige Titel?
Denn es geht hier mir nie um Deutsch an sich, denn auch hier IST gerade im Zweifel alles nur deutsch!
Wenn vielleicht auch nur das Deutsch eines deutschen Krüppels.

Es geht hier also um Krüppel. Und das in Deutsch. Soweit klar?

Habt Ihr Euch mal die Frage gestellt, was eigentlich einen Krüppel zu einem macht?
Nehmen wir also mal einen Contagan-Krüppel. Der oder die hält "Normalos" von Geburt an für krüppelhafte Unnormalos. Er/sie begreift nicht von Anfang an seinen/ihren Krüppelstatus. Dieser wird erst mühsam wie alles erlernt werden müssen. Solche Geburtskrüppel sind also erst erlernt miss- aber nun gebildet. Eine Frage der Bildung also. Ich nun frage mich bei aller großtönenden Bildungsdiskussion, warum wir hier in Deutschland und auf gut oder schlecht oder beides Deutsch unbedingt Krüppel BILDEN wollen?

Anderes Beispiel:
Hat der Krüppel selbst schuld? Ist also er oder sie dafür verantwortlich? Kann sie oder er sich davon befreiend ein Normalo werden?
Nehmen wir also einen Motorradfahrer, der Einfachheit halber männlich, sagen wir mit 22 Jahren erleidet er einen selbstverschuldeten Unfall durch überhöhte Geschwindigkeit, den er nur mit viel Kampf aber ohne Beine überlebt. Dieser weiß selbstverständlich nun ob seiner krüppelhaften Unnormalität. Ischa vielleicht blöd, weil er so schnell und noch dazu Motorrad fuhr, aber ja nicht unnormal, auch nicht unnormal blöd, aber ja nicht so dumm, dass er nicht weiß, was mit ihm und wie ihm geschieht.
Aber nun kommt die entscheidende Frage:
Könnt Ihr Euch vorstellen, was in ihm vorgeht, wenn er andauernd mit dieser seiner "selbstverschuldeten" Krüppelhaftigkeit konfrontiert wird.
Und zwar noch viel und WESENTLICH mehr, als er sich selbst tagtäglich damit auseinander setzen muss? Und noch dazu mit der mitunter sogar klar und deutlich, meist aber unausgesprochenen Aussage, er sei ja selbst schuld und solle nun auch selbst zusehen, was aus ihm wird? Z.B. Arbeit suchen und finden, wo selbst offensichtlich Nichtkrüppel keine finden?
Erschöpft sich die Verantwortung der Allgemeinheit wirklich darin, sich um - und auch das nur sehr zögerlich und unwillig - barrierefreie Sonstwasse zu kümmern? Was also bewirkt Fordern und Fördern bei diesem Menschen? Motiviertes "Hallo!!! Ja sofort! Dankeschön!"?

Ich sag Euch was:
Ich als meinetwegen sehr gerne unnormaler Arbeitslosengesellschaftskrüppel werde mit jedem Mal, mit dem mir erfolglos meine noch dazu nur vermeintliche Unnormalität um die Ohren gehauen wird, demotivierter! Denn immer mehr begreife ich, wie normal ich selbst bin. So normal, wie sich ein/e sogenannte/r Normalo gar nicht vorstellen kann. Allein schon deswegen nicht kann, weil er/sie sich das angstvoll gar nicht vorstellen möchte. Ich KENNE - zwangsläufig, auch UNGEWOLLT, versprochen! - beide Ansichten! ICH bin - wenn überhaupt! - der Gebildetere!
Mir geht es da wie einem Suchtkranken: jede missglückte Therapie ist ein Schritt tiefer in die Sucht! Und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass jede weitere Therapie missglücken wird!

Soweit zu unseren aller noch dazu von uns erwählten "Therapeuten"?
Krüppel brauchen diese - der statistische Vergleich der Zahlen von offenen Stellen und arbeitslosen Stellengesuchen beweist es! -, um von ihrer eigenen Krüppelhaftigkeit abzulenken, sich ihre eigenen und immer dummerhaftiger werdenen Träumen, Wünschen und Illusionen weiter und immer mehr leisten zu können.
So viel braucht Mensch? (abgewandeltes Zitat des Mottos des kürzlichen evangelischen Kirchentages in Hamburg)
Glückliche Menschen! Herzlichen Glückwunsch.
Ich bin gern euer Krüppel, es macht mir Freude, euch glücklich zu wissen. Trost in meinem vermeintlichem Un- oder gar Glück ist ja gerad das auch von mir damit bewirkte Glück anderer!

Vielleicht sollte ich doch mal das Saufen anfangen, das macht meine Sozialkrüppelhaftigkeit so viel einfacher! Und wenigstens weiß ich, warum ich dann ein Krüppel bin. Mit allen Vor- UND Nachteilen.

Als arbeitsloser Sozialkrüppel sind mir die Vorteile: nämlich es für mich momentan und auf für mich nicht absehbare Zeit am wirtschaftlichsten zu halten, statt jeden Tag zur unmenschlichen Sklaverei zu dackeln für einen mehr oder weniger Hungerlohn, eben für diesen nur zu Leuten zu dackeln, aber eben nicht jeden Tag. Auch wenn das mir meinen an sich schon unerträglichen Zustand immer wieder und immer wieder über Gebühr verdeutlicht. Diese "Vorteile" also, die einzigen, die mir mein Leben hier noch ermöglichen, sind jedoch "rechtswidrig", also verboten. Meine Krüppelhaftigkeit ist also nicht nur selbstverschuldet, sondern auch noch verboten! Ich armer UN-? Normalo!

PS
Ich weiß, dass das alles wieder viel zu verworren ist. Aber ändert das etwas an der Realität?
Und - schlimmer noch! - bin tatsächlich ich dafür verantwortlich, wenn die Mehrheit in diesem unserem Lande damit nichts anfangen kann und schon gar nicht will?

PPS
Ich erinnere mich! Vor Jahrzehnten schon wurden die selbsternannten aber mehrheitlich unwilligen Arbeitgeber mehrfach - eine der wenigen kritischen Bemerkungen, die Offizielle sich trauten, zu äußern - darauf hingewiesen, dass, wenn sie nur ungenügend Arbeit geben, ihrem selbstgegebenem Anspruch also nicht gerecht werden, sie bald auch keine Arbeitskräfte mehr hätten.
Und? Wie wird heute diskutiert? Einwanderungen erleichtern?
Ist das das, was unter barrierefreien Zugängen verstanden wird?

Vielleicht doch besserer Titel:
Deutsch für normaldeutsche Krüppel?

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