Sonntag, 20. Januar 2013

Konkurrierende Kooperation

Es ist ein tröstlicher Gedanke - ich finde ihn deutlich tröstlicher als irgendeine Hoffnung? Illusion? Glaube auf "jenes höhere Wesen, das wir" (Zitat aus Bölls "Dr. Murkes gesammeltes Schweigen") Gott nennen - wenn die Forschung uralte menschliche Weisheit als neue Erkenntnisse entdeckt. Es bestätigt meine These, wonach der Mensch in sich eh alles weiß. Von wegen 'Tabula rasa'; Rasieren ist bislang nur dem Menschen vorbehalten, egal ob nun den Kopf oder die Beine.

Gefragt habe ich mich immer schon, wieso ich so wenig von evolutionärer Weiterentwicklung mitbekomme. Die bislang mich aber unbefriedigende Antwort lautete: subjektive Nicht-Wahrnehmung auch bedingt durch zu kleine, beispielsweise Zeit-, Wahrnehmungsfenster. Auch die offensichtliche Widersprüchlichkeit sogenannter egoistischer Gene mit tatsächlich beobachtbaren Phänomenen stellte mir die ausschließliche Wahrheit Darwinscher Evolutionstheorie in Frage.

Wie gesagt: es tröstet mich, wenn Evolutionsbiologen und -psychologen aber auch Genforscher nun die "kulturelle Evolution" und damit das kooperative Miteinander von Arten und hier besonders beim Menschen als mittlerweile viel bestimmender für die Entwicklung der Natur ansehen als die chemische Evolution der Moleküle. Welche jedoch - daran besteht für mich kein Zweifel - Jahrmillionen oder gar Jahrmilliarden lange und auch noch heutige  Voraussetzung dafür war und ist, dass überhaupt sowas wie Kultur entstehen konnte.

Einschub kleiner Bemerkenswertigkeiten:
1. Kultur hat eine wenn nicht genau nur diese wichtige Voraussetzung: Kommunikation! Sprich:Sprache. Verständigung. Es spricht für die deutsche Sprache als zumindest einstmals Sprache der Dichter und Denker, dass Verständigung mitunter als Synonym für Kooperation gebraucht werden kann.
Die menschliche Sprache mag sicherlich auch auf genetische Veränderungen gegenüber nicht sprechenden menschlichen Verwandten zurück geführt werden. Tatsächlich aber hat das Sprechen beim Menschen noch weit größere Veränderungen in seinen Genen bewirkt.
2. Es scheint Vieles darauf hinzudeuten, dass die kulturelle Evolution sich sogar der ursprünglichen Molekülevolution bemächtigt und damit überlagert, wenn nicht gar abschaltet. Mittlerweile ist nachgewiesen, dass kollektive Erfahrungen, quasi Wissen und Austausch von Informationen, nicht nur aber eben auch das menschliche Genom verändern.
Schon länger bekanntes Beispiel ist die kriegsbedingte Hungersnot in den Niederlanden, die genetisch auch noch bei Enkelkindern der damals Gebährenden nachweisbar ist.
3. Irgendwelche "rassistischen Besonderheiten" werden ins Reich der Märchen verbannt, wenn nicht die Gene sondern Kultur bedingte und schaffende Verhaltensweisen diese ohnehin verändern.
4. Auch die molekulare Evolution ist ohne Kooperation nicht möglich: Wie sonst wäre die Entwicklung kooperativer Zusammenschlüsse von Stoffen und Molekülen zu Bausteinen des Lebens, zu Viren, Einzellern und - vollkommen offensichtlich in einander gesund nur kooperierend müssenden - Mehr- und Vielzellern erklärlich?
5. Eben weil Konkurrenz und Kooperation viel eher ein begriffliches, sprachliches Phänomen, also Ansichtssache sind, abhängig von Standort, Betrachtungsrichtung und Namens-, Begriffsbildung, bestätigt dies genau wieder die überragende Wertigkeit und Ursachen und Wirkungen von kultureller Evolution.
Egal wo man steht, wohin man guckt, man muss schon blind sein wollen, um das erst jetzt noch dazu nur wieder mal zu sehen.
Aber vermutlich wird es immer noch katastrophal ausreichend Menschen geben, die weiterhin lieber wegblinden!
Verdient!
Und womit?
Mit Recht!
Recht ist und soll ja die in Stein gehauende Kooperation darstellen. Damit ich's mir leisten kann, gegen meine Mitmenschen zu arbeiten!
Einmal mehr als gut, doch besser arbeitslos zu sein!
6. Mensch wird nun mal erst klug - und leider eben doch nicht kollektiv evolutionär genug, um nachhaltig wirklich klüger zu werden - wenn er auf die Schnauze gefallen ist. Solange er wieder aufsteht, kann man das ja vielleicht vergessen.
    Jedoch sollte nie wieder vergessen werden, dass jedes Hinfallen auch das letzte gewesen sein kann. Und wenn 8 Mrd. immer noch genauso stolpern durch ihr Leben wie ein paar Millionen oder auch nur ein paar Clans, erhöht das deutlich - schließlich ist Mensch ja nicht irgendeine daher gelaufene Ameise, sondern Welt und wohl auch Evolutuion bestimmend - die Wahrscheinlichkeit, dass ein solch massenweiser Niederschlag unsere Welt, unser Universum gar unaufstehlich in seinen Grundfesten erschüttert!
Lass dir doch mal ein Kilo oder 8 Millionen Tonnen - das ist massstabsgerecht! - auf den Fuß fallen, dann wird klar, wovon ich spreche!
Aber genau das machen wir zu unserer Kultur: konkurrenzbedingt - wenn nicht ich, dann ein anderer! - zerstören wir lieber selbst unser Zuhause! Und damit unsere bislang einzige Lebens- und Überlebensmöglichkeit!
Frage: Habe ich als letzter, einzig lebender, allein nur die Kraft des Wiederaufstehens gefundener Mensch nun gewonnen oder wie alle anderen auch nur verloren?
Wen also töte ich? Wenn ich töte und nicht aufesse, was ich mir selbst und offensichtlich am Besten von allen nun gestorbenen Mitkotzbrocken einbrockte?
(Konkurrenz wird gekennzeichnet von Gewinnen und Verlusten. Was sind aber nun Sieger, die keine Verlierer mehr haben?)

Wirklich interessant an dieser - ich nenne sie nun mal so, weil "wissenschaftliche Erkenntnis" ein zu ungenauer Begriff geworden ist - Weisheit ist:
Im Gegensatz zu Darwins Gegeneinander, "Krieg" der Moleküle und ihrer Träger beschreibt nun weit mehr das Miteinander, die Kooperation, die Entwicklungsrichtung. Konkurrenz, Wettbewerb verkommt damit von der "wahren Bestimmung", vom Mittel zum Zweck oder gar vom Zweck an sich zum bloßem "Spezialfall" der Kooperation. Denn die scheint natürlichen Vorrang vor der Konkurrenz zu haben. Wie anders wäre der sogenannte, weil ja durchaus fragwürdige Erfolg der verhältnismäßig schwachen Spezies Mensch erklärlich, die ja sogar alles auf die Karte des Mit- und nicht Gegeneinanders setzend ihre Hauer, ihre Eckzähne "freiwillig" rückbildete?

Wenn wir also nun sogar "wissenschaftlich" feststellen, welchen Stellenwert die Kooperation für uns aber noch weit mehr für die irdische Natur und gar für unser Universum hat - wir sind ja eigentlich nur ein erster Versuch molekularer Evolution, kooperierende, kommunikative Spezies zu entwickeln, ein momentaner Endpunkt, ein finaler wenn überhaupt nur dann, wenn wir uns weiterhin "miteinander konkurrierend" dazu werden lassen und auch dann nicht unserem Universum etwas Besseres mehr einfällt - dies also als "Weisheit letzter Schluß" feststellend, wäre es doch mal angebracht, darüber nachzudenken, was denn genau Kooperation und Konkurrenz sind. Wie sie miteinander oder auch gegeneinander aber zusammenhängen? Wann was Vorrang hat?

Geschichtlich erwiesen ist die Banalität, dass besonders gut miteinander kooperierende Gruppen, Völker und andere Zusammenschlüsse länger lebten und wirkten. Ein Wettbewerb fand eigentlich immer nur mit Dritten statt. Konkurrenz UND Kooperation treffen sich also in dieser Unterscheidung zwischen dem Innen und dem Außen: mit dem einen wird zusammengearbeitet und mit dem anderen gerungen. Mir erscheint die Theorie der kulturellen Evolution als zwangsläufige weil nur so fortbestehen könnende Kooperative plausibel, sie spiegelt mein Ich wieder, das ich auch gut unterscheiden kann als inneres und äußeres Ich, sowohl körperlich wie auch geistig seelisch.
     Jedoch wird so selbstverständlich dieses unser Deutschland als überholt, als schon lange tot, es weiß es nur noch nicht, begriffen. Denn von Kooperation ist immer weniger zu spüren in diesem doch weit mehr miteinander konkurrierendem Zusammenschluß. Ja eigendlich ist das kein Zusammenschluß mehr, da hält nichts mehr zusammen, was vielleicht ja mal zusammen gehörte. Deutschland hat 'nen Knall!
Is'n explosiver Haufen, bestenfalls - aber auch das erfolglos - um Exklusivität bemüht.

Welche Amtsanmaßung steckt eigentlich dahinter, sich anzumaßen, Ämter anzustreben?
Gar zu verdienen?
Wo und ab wann schlägt das Bemühen um Kooperation in bloße und simple alles niedermähende Konkurrenz um?

Gedanken in diesem Zusammenhang:
1. Den christliche Anspruch, doch bitte schön kooperativ die andere Wange auch noch hinzuhalten, kann ich nur als Symbol eben für diese Wichtigkeit des Miteinanders ansehen. Als kollektiv-weise Verhaltensregel scheint gerade das mir kontraproduktiv. Ja mehr noch: es wird damit kooperieren wollenden Menschen eine Kooperation suggeriert, wo genau aber eine Konkurrenz bestimmt und somit weiter besteht..
1.1. Es mag zwar sein, dass Kooperation der eigentliche Antrieb der Evolution wie auch des Menschen ist, jedoch scheint mir im Einzelfall, in einer Situation, die von Konkurrenz geprägt ist, kooperierende Verhaltensweisen fehl am Platz. Ja, sie scheinen diese Konkurrenz gar noch zu verschlimmern und zu beschleunigen. (In einer kriegerischen Auseinandersetzung ist alles erlaubt! Auch wenn das nicht stimmen soll, stellt sich doch eher die Frage: Ach? Im Krieg ja, im Frieden nicht?)
1.2. Insofern hat also jede Konkurrenzsituation etwas Übermächtiges, etwas Ausschließliches. Was ja auch mit unseren zumindest europäisch tradierten Ansichten und daraus folgenden Verhaltensweisen in Einklang steht.
Der Punkt ist eben genau der: Es mag für einen deutschen Soldaten bestimmend sein für sein so Sein Wollen, sich zu fragen: Lebe ich, meine Familie, mein Volk länger, wenn ich beispielsweise in Afghanistan zuerst töte? Tatsache ist aber, dass diese Frage nicht ums Leben geht, sondern nur ums Sterben. Lebendige Frage lautet nicht: will ich sterben oder nicht. Sondern: will ich töten! Soll ich etwas tun, was sonst ein anderer täte?
Vor lauter Angst vorm Sterben wird das Leben - gerade auch mein überlebendes - getötet!
Denn wie will ich Leben erhalten, noch dazu menschliches, wenn ich es töte? Die Wahrscheinlichkeit zu sterben - ohnehin ein sicheres Ereignis, also 100% - nicht nur erhöhe ich durch mein eigenes Mitwirken dazu, sondern beschleunige das Sterben an sich? Statt mit dem Leben zu kooperieren und in Konkurrenz zum Sterben zu treten, konkurriert Mensch mit Soldaten mit dem eigenem Leben!
Die Problematik der Todesstrafe ist nicht die, ob ein Mensch den Tod verdient hat. Sondern die: Ist ein Mensch noch ein kooperatives Wesen, wenn er/sie Menschen das Leben nimmt? (Ohne es wenigstens aufzuessen. Denn nur Nahrung muss Wesen töten, verinnerlichen, um nicht vorzeitig zu sterben.)
Also die Frage nach dem Henker ist das Problem der Todesstrafe, wie überhaupt jedes strafen wollenden Menschens: nicht, wer soll das sein sondern, wer will das sein? Und wer ist sowas? Und überhaupt: was soll sowas unter uns?
Und was macht solch Verhalten mit uns?
Und unserer Welt? Unserem Universum?
Oder auch nur mit unseren Molekülen, unseren Genen, damit aber auch mit unseren Kindern und Enkeln?

2. Wir haben mit Kooperation uns erfolgreich globalisiert, sind Welt beherrschend damit geworden, die wir nun mit globalisiertem Konkurrenzhochdruck zerstören!

3. Intelligenz ist teuer, kostet viel Energie. Dumm lebten auch wir besser, weil weniger energieverschwendend. Aber noch dümmer und damit eben nur besser sterbend, also schlechter lebend ist die Energieverschwendung, sich selbst dümmer zu machen, als Mensch nun mal ist. Das Gehirn frisst mit, ob wir's nun nutzen oder nicht.
Mein Tipp: Nutzen, ansonsten verschwindet es!

Halten wir daher noch eines fest:
Eine wie auch immer geartete soziale Marktwirtschafft ist bestenfalls eine kooperierende Konkurrenz, nie jedoch eine wie auch immer konkurrierende Kooperation.
Mich tröstet dieser Gedanke der Wissenschaft, wonach die Unmenschlichkeit des konkurrierendem in Grund und Boden Stapfens nicht nur äußerlich sondern auch dem Innersten des Menschen widerspricht!
Aber egal ob nun Außen oder Innen: Weiterhin Konkurrenz zwischen uns?
Mit uns dann eben nicht!
(Mal Hand aufs Herz: warum auch? Prototypen sind nun mal keine Serienmodelle, eigentlich nur reif fürs Museum!)
Jedenfalls sieht's genauso mal wieder aus!

Aber vermutlich bin auch ich nur wieder blind, stehe verkehrt und vor allem blinde in die falsche Richtung.
Tja, Bildung halt, sorry!

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